Weizen - Grundnahrungsmittel oder Volksdroge? Immer mehr Menschen verzichten unabhängig von einer diagnostizierten Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) auf Weizenprodukte. Doch sind Brot und Kuchen die Ursache für verschiedene Beschwerden? Stammt der ständige Blähbauch vom Weizen? Darf ich kein Brot mehr essen? Verursacht Weizen Demenz?
Weizen, das erst seit gut 10.000 Jahren auf dem menschlichen Speiseplan steht, gehört zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln und steht seit einiger Zeit doch stark in der Kritik. In seinem Buch "Weizenwampe. Warum Weizen dick und krank macht" erklärt der Kardiologe William Davis, dass Weizen Herz, Gehirn und Haut schädige und Adipositas sowie Diabetes fördere. Der Neurologe und Ernährungsmediziner David Perlmutter geht in seinem Buch "Dumm wie Brot" noch weiter und nennt Weizen als Verursacher für Alzheimer, ADHS und das Tourette-Syndrom. Julien Venesson, ein französischer Fitnesssberater, schreibt in "Wie der Weizen uns vergiftet", der heutigen Weizenkonsum sei die Ursache für Rheuma, Arthrose, Schizophrenie, Epilepsie und andere schwerwiegende Erkrankungen. Weizenkritiker sagen außerdem:
Gluten wirke ähnlich stark wie Opiate; Weizenkonsum ist Suchtverhalten.
Moderne Weizensorten enthalten besonders schnell abbaubare Kohlenhydrate, daher hält die Sättigung nicht lange an.
Moderne Weizensorten weisen einen höheren Glutengehalt auf und genau dieser ist schädlich.
Weizen zählt zu den allergenen Lebensmittel, d.h. die Wahrscheinlichkeit eine Allergie zu entwickeln ist höher als bei anderen Nahrungsmitteln. Durch den wachsenden Konsum verarbeiteter Lebensmitteln nehmen Verbraucher auch mehr Gluten auf, das in unzähligen Fertiggerichten, Süßigkeiten und Desserts zugesetzt, da es z.B. zur Wasserbindung, Stabilisierung oder als Trägerstoff für Aromen verwendet wird.
Böses Gluten!?
Gluten ist ein "Klebereiweiß". Dieses Protein kommt in Getreide wie Weizen, Roggen und Gerste, aber auch in älteren Sorten wie Dinkel, Emmer und Einkorn vor. Wissenschaftliche Untersuchungen von Prof. Schuppan vergleichen die Reaktion des Immunsystems auf alte Urgetreidesorten mit denen auf gezüchtetes Hochleistungsgetreide. Prof. Dr. Dr. Detlef Schuppan ist ein deutscher Biochemiker und Mediziner. Seine Schwerpunkte liegen in der Diagnostik und Behandlung von Zöliakie und Weizensensitivität, fibrotischen Lebererkrankungen sowie der Immunologie chronischer Erkrankungen und Krebs. In den Untersuchungen wurde festgestellt, dass wahrscheinlich Amylase-Trypsin-Hemmer (ATI) die Verursacher für die zuvor genannten Beschwerden sind. Diese Substanzen kommen in Getreide als natürliche Abwehrstoffe gegen Parasiten und Krankheiten vor. Da sie zusammen mit Gluten auftreten, war eine Differenzierung der tatsächlichen Ursache schwer festzustellen. ATI aktivieren das menschliche Abwehrsystem und führen zu leichten Entzündungsreaktionen im Darm, aber auch im Rest des Körpers. Daher wird vermutet, dass ATI Immunerkrankungen und Autoimmunerkrankungen wie entzündlichen Darmerkrankungen, Rheumatoide Arthritis oder Multiple Sklerose begünstigen oder verstärken.
Moderne Getreidezüchtung, sogenannte Hochleistungssorten, enthalten mehr als doppelt so viele ATI wie ältere Sorten. Laut Professor Schuppan sind ATIs hauptsächlich bei Weizen, Gerste und Roggen relevant, deren Vorhandensein ganz stark an den Glutengehalt gekoppelt ist.
Unbestreitbar gibt es anerkannte Krankheitsbilder, die mit dem Getreidekonsum in Verbindung stehen. Von der Glutenunverträglichkeit sind in Deutschland derzeit etwa 0,3-0,5 % der Bevölkerung betroffen und die Zahl der Betroffenen steigt. Bei dieser Autoimmunerkrankung löst die Aufnahme von Gluten eine starke Entzündungsreaktion aus. Als Folge bilden sich die Darmzotten zurück und die Nährstoffaufnahme wird gestört. Betroffene müssen deshalb auf viele Getreidesorten verzichten.
Weizenkritiker sagen, Gluten verklebt den Darm und behindert die Nährstoffaufnahme. Der daraus resultierende Nährstoffmangel könne zu körperlichen und psychischen Schäden führen. Menschen, die
Gluten nicht vollständig verwerten können, riskieren chronische Darmentzündungen. Wodurch die belastete Darmwand durchlässiger für alle Substanzen, einschließlich schädlicher Stoffe, im Darm wird - dieser Prozess wird als Leaky-Gut-Syndrom bezeichnet. Durch den Lactulose-Mannitol-Test mit entsprechender Urinauswertung kann ein Arzt feststellen, ob du vom Leaky-Gut-Syndrom betroffen bist. In der Regel kann dieses, im Gegensatz zur Zöliakie, durch eine Ernährungsanpassung und Darmsanierung behoben werden. In manchen Fällen sind auch Medikamente nötig.
Gluten & Autismus
Studien von Dr. Laura Cousino Klein zeigten, dass eine gluten- und kaseinfreie* Ernährung eine deutliche Besserung des Sozialverhaltens von autistischen Kindern bewirkt. Dabei stellte sich auch heraus, dass autistische Kinder in der Regel häufiger von einer Gluten- und Kaseinunverträglichkeit betroffen sind als Nicht-Autisten. Daher sei anzunehmen, Gluten könne Verhaltensstörungen auslösen. Mit einer gluten- und kaseinfreien Ernährung konnten Entzündungsprozesse und Unwohlsein der Autisten reduziert werden.
*Kasein ist eine Proteinmischung der Milch und dient der Speicherung sowie dem Transport von Protein, Calcium und Phosphat.

Im Weizenrausch
Die Gliadine, ein Reserveprotein des Weizens und Bestandteil des Glutens, sollen eine berauschende und abhängig machende Wirkung besitzen. Laut einiger Weizenkritiker sogar stärker als Morphium. Jedoch benebelt es nicht die Sinne, sondern macht uns nach bestimmten Nahrungsmitteln süchtig. Beim Konsum dieser Nahrungsmittel stellt sich ein Wohlgefühl ein und deshalb essen wir noch ein Brötchen, noch einen Keks ... Die appetitanregende Wirkung von Weizen wird durch die bereits erwähnten Gliadine stimuliert. Diese Proteine im modernen Weizen entstammen der Genforschung und wurden kontinuierlich verändert, um die Erträge zu steigern. Gliadine werden im Darm in sogenannte Exorphine aufgespalten und wirken an den Rezeptoren (Andockstellen) im Gehirn, an denen auch Opiate andocken würden.
Für den Fall, dass du täglich Weizenprodukte konsumierst, starte gern einen kleinen Selbstversuch und verzichte für ein paar Tage auf glutenhaltiges Getreide. Menschen, die den Weizenkonsum einstellen, beschreiben "Entzugserscheinungen" wie starke Müdigkeit, Gehirnnebel, Gemütsverstimmungen und sogar depressive Stimmungen. Gern kannst du deine Erfahrungen als Kommentar zu diesem Beitrag mitteilen oder in unserer Facebook-Gruppe darüber sprechen.
Pseudogetreide und andere Alternativen
Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel, Triticale (Kreuzung aus Roggen und Weizen), Emmer, Einkorn, Kamut (natürliche Hybride aus einer Wildform von Weizen und Hartweizen), Grünkern, Bulgur, Couscous (die beiden letzten sind geschliffener Weizen) enthalten Gluten. Aus diesen Getreidesorten werden Mehl, Schrot, Grieß, Kleie, Brot und Gebäck, Brösel, Teigwaren wie Nudeln, Tortellini, Maultaschen oder Schlutzkrapfen und vieles mehr hergestellt.
Pseudogetreide sind die Körner (Früchte) von Pflanzen, die nicht aus der Familie der Süßgräser stammen. Sie sehen aus wie Getreide, sind aber keine. Zum Backen sind sie leider nicht oder nur bedingt geeignet, aber für viele andere tolle Gerichte. Pseudogetreide gehört zu anderen Pflanzenfamilien wie den Fuchsschwanzgewächsen (Amaranth und Quinoa) oder Knöterichgewächsen (Buchweizen).
Alternativen zu glutenhaltigem Getreide:
Hafer
Buchweizen
Hanf
Quinoa
Amarant
Hirse
Soja/Sojamehl
Erbsenmehl
Lupinen
Johannisbrotkernmehl
Tapioka
Maniok
Mais/Maismehl
Reis/Reismehl
Fazit
Ob Weizen bzw. Gluten allein wirklich die zuvor genannten Erkrankungen verursacht, kann nicht eindeutig bestätigt werden. Befürworter des Weizenkonsums können dies jedoch auch nicht völlig ausschließen. Weizen allein wird kaum für alle oben genannten Krankheiten verantwortlich sein - wie immer spielen viele individuelle Faktoren mit ein. Ob Getreide nun gänzlich vom Speiseplan gesunder Menschen gestrichen werden muss, darf bezweifelt werden.
Quellen:
Davis W, "Wheat is an opiate" wheatbellyblog 2012 (Weizen ist ein Opiat)
Davis W, "Down and out wheat addiction" wheatbellyblog 2012 (Klarer Fall von Weizen-Abhängigkeit)
Huebner FR et. al., "Demonstration of high opioid-like activity in isolated peptides from wheat gluten hydrolysates" Peptides. 1984 Nov-Dec;5(6):1139-47. (Nachweis für hoch-opioide Aktivität von isolierten Peptiden aus Weizengluten)
Reichelt KL et. al., "Biologically Active Peptide-Containing Fractions in Schizophrenia and Childhood Autism" Adv Biochem Psychopharmacol. 1981;28:627-43.
Millward C. et al., "Immune response to dietary proteins, gliadin and cerebellar peptides in children with autism" in Nutr Neurosci. 2004 Jun. 7(3):151-61)
Hawranke N., "Krank durch Milch und Weizen" suite101 2010
"Gluten-Free, Casein-Free Diet May Help Some Children With Autism, Research Suggests" ScienceDaily 2012 (Studie: Gluten- und kaseinfreie Ernährung könnte autistischen Kindern helfen)