Immer wieder sprießen absurde Ernährungstheorien aus den Gedanken manche Menschen, wie Pilze aus dem Boden nach einer warm-feuchten Herbstwoche. Viele davon lassen sich rasch als Schwurbelei entlarven. Schwieriger wird es, wenn plötzlich Ärzte Fakten verdrehen und völlig unwissenschaftlich haltlose Thesen in die Welt posaunen. Der ehemalige Kardiologe Steve Gundry löste mit seiner Anti-Tomaten-Kampagne seit dem Jahr 2018 einen regelrechten Anti-Lektin-Hype aus. Er sieht im Verzehr von Tomaten und Vollkornprodukten eine Gefahr für unser aller Gesundheit. So sollen die natürlichen Substanzen des Gemüses Darmzellen zerstören, von dort aus in Blutbahn gelangen und das Blut verklumpen. Diabetes, Entzündungen, Lupus Erythematodes, Krebs, Herzkrankheiten, Übergewicht, Parkinson und Nervenschäden werden ebenfalls den bösen Tomaten bzw. den darin enthaltenen Lektinen zugeschrieben. Spinnerei oder ist die Panik berechtigt?
➔ Zum Thema "Vollkorn - gesund oder nicht?" findest du bereits Informationen auf der Pinnwand. Daher soll sich dieser Artikel auf die verteufelten Nachtschattengewächse konzentrieren.
FAKTEN
Nachtschattengewächse, wissenschaftlich Solanaceae genannt, gehören zu den bekanntesten Pflanzen mit 100 Gattungen und rund 2700 Arten. Sie alle enthalten leicht bis stark giftige verschiedene, natürliche Stoffe. Tabak, Bilsenkraut und Atropa belladonna (Tollkirsche) gehören zu den Nachtschattengewächsen. Tabak wurde schon vor etlichen Generationen von den Ureinwohnern Nordamerikas zu Heilzwecken und spirituellen Ritualen eingesetzt. Auch in unseren Breiten wurden Pflanzen dieser Gattung wegen ihrer heilenden Wirkung eingesetzt, um "böse Dämonen" (Albträume) zu vertreiben, "Hexen zu heilen" oder als Schönheitsmittel verwendet. Dazu tropften Frauen tropften sich Präparate aus der Tollkirsche in ihre Augen, um die Pupillen zu erweitern, um attraktiver zu wirken. Manche Substanzen in diesen Pflanzen führen zu starken Lähmungen, sodass es zum schnellen Tod durch Ersticken kommen kann. Andere wiederum wirken subtiler, indem sie Halluzinationen und Drogenpsychosen auslösen. In allen Pflanzen dieser großen Familie sind typischerweise Alkaloide und Steroide zu finden. Manche Arten, z.B. Tomaten, sind abhängig vom Reifegrad essbar.
Alkaloide
Alkaloide entstehen als Endprodukt des pflanzlichen Stoffwechsels. Rund 8000 verschiedene Alkaloide sind bekannt. Sie entstehen als Derivate aus Aminosäuren, wie zum Beispiel Lysin, Phenylanalin oder Tryptophan. Alkaloide zeigen unterschiedliche Wirkungen auf den menschlichen Organismus. Manche sind bereits in kleinen Mengen stark giftig, mitunter sogar tödlich; z.B. Ricinin (in der Rizinusstaude), Coniin (im Gefleckten Schierling), Atroprin (z.B. in der Tollkirsche u.a.) oder Aconitin (im Blauen Eisenhut). Korrekt dosiert, können selbst gefährliche Alkaloide, medizinisch wirksam sein. Zum Beispiel werden mit Chinin aus dem Chinarindenbaum Malaria und Verdauungsbeschwerden behandelt und mit dem Morphin des Schlafmohns starke Schmerzen gelindert. Atropin ist wirksam bei Asthma und das Homoharringtonin der Japanischen Kopfeibe bei Krebs. Emetin stammt von der Brechwurzel und fördert den Auswurf von Bronchialsekret.
Die Giftigkeit mancher Alkaloide nehmen Menschen billigend in Kauf – zum Beispiel Koffein (Schwarzer Tee, Grüner Tee und Kaffee) und Nikotin. Dabei ist schon lange belegt, dass Koffein & Nikotin Herz-Kreislauferkrankungen, Schäden am ungeborenen Kind und Osteoporose begünstigen. Nikotin verursacht zusätzlich Krebs.
In nahezu allen Obst- und Gemüsesorten sind Alkaloide zu finden. Die vorhandenen Alkaloidmengen sind jedoch so verschwindend gering, dass wir sie gar nicht bemerken. Zum Beispiel steckt in Kakao Theobromin. Bisher hat sich noch niemand an Kakao tot getrunken. Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass Alkaloide sowohl positive als auch negative Effekte haben können. Ihre Wirkungsweise und Toxizität hängt sowohl von dem Alkaloid selbst als auch von dessen Dosierung ab.
Steroide
Bei dem Wort Steroide, denken die meisten Menschen an Bodybuilder, die sich mit entsprechenden Präparten vollpumpen, um übermenschliche Ausmaße zu erreichen. Doch Steroide sind viel mehr als illegale Dopingmittel.
Natürliche Steroide gehören zu den Lipiden, sind Bestandteil der Zellmembran und bilden die Basis verschiedener Hormone und Vitamine. Steroide kommen in Tieren, Pflanzen und Pilzen vor. Dort erfüllen sie wichtige Stoffwechselfunktionen. Die chemischen Strukturen der pflanzlichen Steroide (z.B. das Brassinolid aus Raps,), des Häutungshormons der Insekten (Ecdyson) und menschliche Sexualhormone wie Testosteron sind sich sehr ähnlich.
Fakt ist, bestimmte Substanzen in den Pflanzen können sowohl eine positive als auch negative Wirkung entfalten. In seinem Panik-Buch stürzt sich Gundry auf die Lektine. Lektine sind Kohlenhydrat-bindende Proteine.
Wie sich ein Doktor unglaubwürdig macht
Gundry behauptet, Trägheit und Fastfood seien nicht die Ursache von körperlichen und mentalen Beschwerden. Damit schießt er sich bereits in die Unglaubwürdigkeit (da hilft auch sein Doktortitel nicht!). Wer sich durch sein Buch quält, stößt auf eine ganze Reihe haltloser Behauptungen. Seine angeblich in Fachjournalen veröffentlichen Arbeiten gibt es gar nicht. Aussagen, die er mit Studien belegen möchte, sind in diesen Studien nicht zu finden. Belege bleiben aus. Auch historische Aussagen seinerseits sind nicht haltbar. So behauptet er, Getreide und Bohnen wurden erst vor rund 500 Jahren nach Europa gebracht, obwohl wir wissen, dass bereits zu Zeiten der Römer Gladiatoren mit Gerste und Bohnen ernährt wurden. Zudem fehlen Fallberichte für die angebliche Verbesserung des Wohlbefindens von Gundrys Krebspatienten nach lektinfreier Ernährung. Kurz gesagt, Gundry pustet viel heiße Luft heraus. Wissenschaftlich haltbar ist sein Anti-Tomaten-Hype jedoch nicht. Die drastischen Formulierungen, dass feindliche Lektine den Stoffwechsel umprogrammierten oder Lektine eine versteckte Gefahr im Essen seien, sind keinesfalls haltbar. Gundry behauptet Nachtschattengewächse seien hochgradig entzündungsfördernd, dabei ist genau das Gegenteil der Fall.

Was wissen wir über Lektine?
In größeren Mengen sind manche (!!) Lektine tatsächlich giftig. Das bekannteste unter den tatsächlich giftigen Lektinen ist das Phasin, welches in grünen Bohnen zu finden ist. Bereits 5-6 rohe Bohnen sind für Kinder tödlich. Durch Hitzeeinwirkung beim Garprozess werden die meisten Lektine jedoch zerstört und verlieren ihre Giftigkeit. Bohnen müssen daher vor dem Verzehr immer gegart werden.
Lektine finden sich in Erdnüssen, Buchweizen, Ölsaaten, Kürbissen und Zucchini, Gurke, Melone, sämtlichem Obst und Beeren (außer Avocado). Kartoffeln und Tomaten enthalten nur sehr wenig dieser Substanzgruppe. Auch Getreide und Pseudo-Getreide wie Quinoa und Amaranth enthalten Lektine. Wissenschaftliche Belege für schädliche Lektine in Gemüse gibt es nicht.
Die tägliche Aufnahme an Lektinen wird auf ungefähr 200-300 Milligramm geschätzt. Davon stammt der größte Teil aus Hülsenfrüchten und Weizenkeimen. Die Lektine in den Weizenkeimen sind hitzestabil, doch Untersuchungen zeigten, dass selbst 50 g Weizenkeime unproblematisch sind (das ist so viel, wie 80 Scheiben Vollkornbrot!).
Ob sie bei Darmerkrankungen wie Morbus Crohn problematisch sein können, ist nicht eindeutig geklärt.
Studien zeigen, dass Lektine die Darmfunktion verbessern und sogar vor Darmkrebs schützen.
Nachtschattengewächse sind also doch essbar?
Von den 2700 Arten dieser Pflanzengruppe, dient nur eine Handvoll als Nahrung für den Menschen.
Es gibt bisher keine wissenschaftlichen Beweise dafür, dass Nachtschattengemüse Entzündungen oder gar Krankheiten hervorruft. Ganz im Gegenteil - reife Nachtschattengewächse jener essbaren Sorten sind gesund (unzählige Studien belegen genau dies!). Dennoch gibt es Menschen mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten und darunter auch solche, die manche Nachtschattengewächse nicht vertragen. Daraus zu schließen, Nachtschattengewächse sollten vom Speiseplan gestrichen werden, ist absurd.
Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten nehmen weltweit zu
Wenn du den Verdacht hast, du verträgst ein Nahrungsmittel nicht, kannst du durch die Eliminationsdiät herausfinden, was dir nicht bekommt. Möchtest du testen, ob du dir Nachtschattengewächsen bekommen, verzichte zwei Wochen lang konsequent auf alle Nachtschattengewächse. Bessern sich deine Symptome in dieser Zeit? Falls du nicht sicher bist, dann nimm sie wieder in deine Ernährung auf. Verschlechtern sich die Symptome, hast du den Übeltäter gefunden. So kann man natürlich mit jedem Lebensmittel bzw. Nahrungsmittelgruppe verfahren. Gern kannst du Bewusst.Gesund.Leben. für Unterstützung bei der Eliminationsdiät zu erhalten.
ACHTUNG
Nahrungsmittelunverträglichkeiten stellen kein anaphylaktisches Risiko dar, jedoch verursachen sie dennoch Beschwerden wie Magen-Darm-Probleme. Eine Nahrungsmittelallergie ist gefährlicher und kann zu lebensbedrohlichen Reaktionen des Körpers führen.
Stoppe sofort den Verzehr und nimm Kontakt zur Notaufnahme oder einem Arzt auf, wenn du Symptome feststellen, die auf eine lebensbedrohliche anaphylaktische Reaktion hindeuten könnten, feststellst: ❌Kribbeln im Mund
❌Ausschlag oder Nesselsucht
❌Juckreiz
❌Anschwellen des Gesichts, der Zunge oder des Rachens
❌Atembeschwerden
❌Schwindel oder Benommenheit Ohnmacht
Welche Nachtschattengewächse sind essbar?
Tomaten
Mit 13 Vitaminen und 17 Mineralstoffen zählen die roten, leckeren Früchte zu den gesündesten Gemüsesorten. Selbst gekocht enthalten sie noch wertvolle Inhalte wie den roten Farbstoff Lycopin, der unter anderem die Arterien und die Haut vor ungesundem UV-Licht schützt. Außerdem sind Tomaten ein wahrer Vitamin-C-Booster! Sie enthalten alle vier Carotinoid-Antioxidantien (Lycopin, Betacarotin, Alpha-Carotin und Lutein). Insbesondere Lycopin gilt als stark entzündungshemmend.
💡Tomaten dürfen nur reif gegessen werden. Blüten, Blätter und Stängel enthalten das giftige Alkaloid Solanin (siehe Auberginen).
💡 Menschen mit Pollenallergie, speziell Birkenpollen oder Heuschnupfen, können mit einer Kreuzallergie negativ auf Tomaten reagieren.
Tamarillo
Hierzulande noch relativ unbekannt, punktet die Baumtomate (Tamarillo) mit einem hohen Gehalt Vitamin C, Provitamin A, Folsäure und Mineralstoffen wie Eisen, Kalzium, Phosphor und Magnesium. Sie kann genauso wie Tomaten roh oder gegart verzehrt werden. Auch hier gilt - nur die Reifen Früchte sind essbar.
💡Unreife Baumtomaten enthalten Solanin (siehe Aubergine), daher dürfen sie nur im vollreifen Zustand gegessen werden.
Paprika
Paprika ist kalorienarm, reich an Folat, Kalium, Ballaststoffen, Vitamin C und Antioxidantien. Bereits 25 g roter Paprika decken den Tagesbedarf an Vitamin C. Im Gegensatz zu anderen Nachtschattengewächsen, kann Paprika bedenkenlos im unreifen Zustand gegessen werden - dann sind die Schoten noch grün und schmecken weniger süß.
💡Menschen mit Allergie auf Birken- oder Beifußpollen oder Latexallergie könnten allergisch auf Paprika reagieren. Allergien auf Gemüsepaprika sind jedoch sehr selten, denn die Schoten enthalten wenig Eiweiß, auf das der menschliche Körper allergisch reagieren kann.
Chili
Chili ist die scharfe Variante des Paprikas. Die kleinen Scharfmacher punkten mit reichlich Vitamin C, Vitamin K und B-Vitaminen. Das Capsaicin, ein Alkaloid, der Chilischoten kann Arthritisschmerzen lindern, indem es einen spezifischen Schmerzüberträger reduziert.
Aubergine
Unreife Auberginen sind wegen des enthaltenen Giftes Solanin nicht essbar. Solanin ist ein natürlicher Schutz der Aubergine gegen Fäulnis und vor Fressfeinden. Im Reifungsprozess baut die Pflanze dieses Alkaloid jedoch weitgehend ab und die minimalen Reste sind für uns Menschen unbedenklich. Auberginen enthalten nahezu kein Fett, kaum Protein und kein Cholesterin. Da Frücht bringen jedoch Kalium, Folat und Lutein auf den Teller.
💡Solanin ist hitzebeständig, das heißt, Koch zerstört Solanin nicht! Auberginen müssen vollständig ausgereift sein. Ansonsten führt ihr Verzehr zu Übelkeit, Magenbeschwerden und Nierenreizung führen, in starken Fällen aber auch zu Schädigungen des Nervensystems. Stängel, Blüten und Blätter sind nicht essbar.
Kartoffel
Die Kartoffel zählt zu den Lebensmitteln mit hoher Nährstoffdichte. Sind enthalten unter anderem Eisen, Vitamin C, Magnesium und Selen und enthalten Kohlenhydrate in Form von Stärke.
Zwar liegt der Eiweißgehalt liegt bei lediglich 2 g pro 100 g Kartoffeln. Jedoch steckt das Kartoffelprotein voller essenzieller Aminosäuren. Kanadische Forscher stellten im Jahr 2020 fest, dass das (isolierte) Protein aus der Kartoffel von so hoher Qualität ist, dass es dem Muskelaufbau zuträglich ist.
Die Stichting Bewegen Zonder Pijn (Stiftung Bewegen ohne Schmerzen) in Amsterdam veröffentlichte folgende Information: "In einer Studie aus dem Jahr 2011 fanden Forscher heraus, dass Entzündungen und DNA-Schäden bei gesunden Männern, die sechs Wochen lang gelbe oder lilafarbene Kartoffeln, die Nachtschattengemüse sind, gegessen haben, reduziert wurden."
💡 Auch unreife Kartoffeln enthalten Solanin (siehe Auberginen). Grüne, unreife oder keimende Kartoffeln sollten daher nicht verzehrt werden. Kleinere Mengen kann ein gesunder Mensch zwar abbauen, größere bergen Schadenspotential. Auch das Kochen ändert daran nichts. Blätter, Blüten, Stängel und Samen der Kartoffel sind nicht essbar.
Physalis
Die leuchtend orange Frucht, die auch als Kapstachelbeere oder auch Andenbeere bekannt ist, gilt als ein hervorragender Lieferant von Beta-Carotin (wird im Körper zu Vitamin A umgewandelt), Vitamin C, Vitamin B1 sowie B6.
💡 Unreife Physalis-Früchte sowie Blätter, Blüten und Stängel sind nicht essbar, denn sie enthalten Solanin (siehe Aubergine).
Gojibeere
Dem Superfood aus Asien wird allerlei Heilwirkung zugesprochen. So soll das in den roten Beeren enthaltene Beta-Sitosterin, den Blutcholesterinspiegel senken und entzündungshemmende Eigenschaften aufweisen.
Beta-Sitosterin zählt zu den Phytosterine, deren chemische Strukturen Ähnlichkeit mit der von Cholesterin. Beta-Sitosterin blockiert die Umwandlung des männlichen Sexualhormons Testosteron in biologisch wirksames Dihydrotestosteron. Daher wird diese Substanz zum Beispiel zur Behandlung einer Prostatavergrößerung eingesetzt. Wer auf der Umwelt zuliebe auf die langen Transportwege der exotischen Beeren verzichten möchte, findet Beta-Sitosterol auch in heimischen oder heimisch angebauten Pflanzen (z.B. Schachtelhalmen, Weizenkeimen, Kartoffeln und Löwenzahnwurzel).
😮Der US-Nährwertdatenbank USDA zufolge enthalten Goji-Beeren pro 100 Gramm ca. 46 g Zucker. Zum Vergleich: In Schokolade mit 45-49 % Kakaoanteil stecken durchschnittlich 48 g Zucker.
💡 Gojibeeren gelten als potentes Allergien. Es gibt beispielsweise Kreuzallergien mit Tomaten, Kiwis, Pfirsichen, Tabak und Latex.
Hierzulande gilt der Schwarze Nachtschatten als Giftpflanze. In anderen Ländern wird er wie Spinat gegessen. Der Kochprozesse ist jedoch aufwendig und das Kochwasser wird mehrfach weggekippt. Die reife Beeren werden in Indien, China, Russland und Kasachstan gern gegessen. Achtung, sechs bis zehn unreife Beeren sind für einen erwachsenen Menschen tödlich. Der Tod tritt durch Atemlähmung ein. Als Heilpflanze bei Rheuma, Fieber, Ekzeme, Schrunden oder Magenproblemen wird diese Pflanze heute nicht mehr verwendet. (Vom Verzehr wird abgeraten!)
Mythos Nachtschattengewächse verstärken Arthritis
Im Internet kursiert immer noch die Behauptung, Nachtschattengewächse seien die Mitverursacher von Arthritis. Laut der Arthritis Foundation, ist dieser Glaube jedoch ein Mythos und basiere auf alten Tierversuchen, deren Erkenntnisse in neueren Studien widerlegt werden. Zu lesen ist dort:
"Jahrzehnte alte Studien an Mäusen berichteten, dass Solanin die Darmschleimhaut schädigte und die Darmentzündung bei Colitis, einer Art entzündlicher Darmerkrankung, verstärkte. Doch die neueste Forschung an Mäusen ergab das Gegenteil. Mehrere Studien deuten darauf hin, dass violette Kartoffeln und Goji-Beeren – ebenfalls ein Nachtschattengewächs – Entzündungen, die Darmpermeabilität (beeinträchtigte Darmbarrierefunktion) und schädliche Darmbakterien reduzieren. Dies sind alles Probleme, die bei Menschen mit rheumatoider Arthritis und anderen entzündlichen Formen der Krankheit häufig auftreten."
So promotet die Arthritis Foundation eine mediterrane Ernährung. In der mediterranen Ernährung gehören Paprika, Auberginen und Tomaten regelmäßig auf den Speiseplan und genau diese Ernährung zählt zu den gesündesten Ernährungsformen überhaupt. Zeitgleich wissen wir, dass die typisch westliche Ernährung mit großen Mengen Fleisch, viel ungesunden Fetten, übermäßig viel Zucker und eher wenig Gemüse den Weg für Übergewicht und chronische Krankheiten ebnet.
➔ Menschen mit Arthritis können sogar von dem hohen Nährstoffgehalt in Nachtschattengewächsen profitieren.
Fazit
Ganz gleich, was uns vereinzelte Personen glaubhaft machen wollen, dass Lektine grundsätzlich gefährlich sind, sie verzerren lediglich die Realität. Sämtliche seriöse Nachweise belegen, dass weder Kartoffeln noch Tomaten krank machen. Viel mehr wird immer wieder bewiesen, wie wertvoll diese Nahrungsmittel für uns sind. Der Lektin-Panikhype darf endlich wieder abflachen! Sofern keine Nahrungsmittelunverträglichkeit oder Allergie vorliegt, können Tomaten, Kartoffeln & Co. bedenkenlos verzehrt werden. Die Unverträglichkeiten mancher Menschen ist kein Indiz für eine generelle Unbekömmlichkeit!
Da Ernährung stets individuell ist und längst nicht jeder Mensch jedes Nahrungsmittel gleich gut verträgt, beraten wir dich gern, wenn du Frage zur Ernährung hast.
Quellen
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