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Giftpflanze des Jahres 2023 - auch auf deinem Teller?

Seit 2005 präsentiert der Botanische Sondergarten in Hamburg-Wandsbek jedes Jahr die in öffentlicher Abstimmung gewählte Giftpflanze des Jahres. Das diesjährige Ergebnis fiel zum zweiten Mal auf eine Pflanze, die ursprünglich aus Marokko, Algerien, Tunesien und Jordanien stammt. Doch schon seit vielen Generationen gehört sie auch in Mitteleuropa zu den beliebtesten Küchenkräutern. Ihr Anbau ist einfach und gelingt selbst Menschen ohne den berühmten grünen Daumen. Zur Giftpflanze des Jahres 2023 wurde die Petersilie gewählt. Kaum zu glauben, oder?


Petersilie liefert wertvolle Inhaltsstoffe wie z.B. Vitamine der B-Gruppe, Vitamin C, Vitamin E, Folsäure und Carotinoide. Zudem enthält sie Mineralstoffe wie z.B. Kalzium, Magnesium und Eisen. Mit ca. 160 mg pro 100 g der Pflanze enthält sie sehr viel Vitamin C. Ja, die Petersilie ist ein gesundes Powerpflänzchen! Das grüne Pflänzchen hat einen herben bis süßlich-würzigen Geschmack. Glattblättrige Sorten enthalten mehr ätherisches Öl, wodurch sie aromatischer sind als krausblättrige. Durch Erhitzen verliert die Gewürzpflanze ihren Geschmack, daher sollte sie erst nach dem Kochen den Speisen untergemischt werden. Sie kann unter Aromaverlust getrocknet und eingefroren werden. Petersilie passt zu Suppen, Gemüse-, Fleisch- und Fischgerichten, Eierspeisen, Salaten, Aufstrichen, Kräuterbutter und darf auch im Taboulé nicht fehlen. Nicht nur die grünen Blätter, sondern auch die längliche weiße Wurzel kann verzehrt werden.



Wie kann eine solche Pflanze als Giftpflanze deklariert werden?

Petersilie gehört zu den sogenannten zweijährigen Pflanzen. Das heißt, erst im zweiten Standjahr entwickelt sie Blüten und daraus entwickeln sich Samen. Zwar haben die Blätter nun kaum noch Geschmack, jedoch sind die Samen interessant. Aus ihnen lassen sich neue Pflanzen ziehen, die dann im nächsten Jahr wieder reichlich gesunde Blätter liefern. Klingt bisher nicht bedrohlich, oder?


Die Samen der Petersilie enthalten Substanzen, die beim Verzehr großer Mengen tatsächlich giftig sind. In den Samen stecken Apiol und Myristicin. Darüber hinaus sind auch Furocumarine in den Blättern zu finden.


Exkurs: Furocumarine binden sich an die DNA tierischer, somit auch menschlicher, Zellen und können unter Einwirkung von UV-Licht diese verändern. Dadurch können Mutationen und maligne Tumore begünstigt werden. Außerdem können sie eine Photodermatitis auslösen. Furocumarine sind in z.B. Sellerie, Pastinaken, Petersilie, Möhren, Zitrusfrüchten und anderen Obst- und Gemüsesorten enthalten. In den Speisepflanzen kommen Fucomarine nicht in so ausgeprägter Form vor wie in der Herkulesstaude (Heracleum mantegazzianum), die schwere Verbrennungen mit Blasen auf der Haut verursacht.

Apiol und Myristicin sind bei einer entsprechend hohen Dosis gefährlich, daher dürfen die Samen der Petersilie nicht verzehrt werden.

  • Myristicin ist ein wesentlicher Bestandteil im ätherischen Öl der Muskatnuss, des Schwarzen Pfeffers und auch der Petersiliensamen. Myristicin als schwacher MAO-Hemmer wirkt antidepressiv und in höherer Dosis halluzinogen. Dieser Wirkstoff kann Schäden an der DNA verursachen. Damit gilt diese Substanz als genotoxisch und krebsfördernd.

  • Apiol wirkt anregend auf die Muskulatur von Blase, Darm und Gebärmutter. Dadurch entsteht eine leicht harntreibende und verdauungsfördernde Wirkung. In sehr großen Mengen oder bei vorhandener Sensibilität kann Apiol eine Reizung des Verdauungstraktes hervorrufen und zu Magen- und Darmkrämpfe führen. Hervorzuheben ist noch viel mehr die intensive Wirkung auf die Gebärmutter. In der Vergangenheit wurde das Öl aus den Petersiliensamen zum Abbruch ungewollter Schwangerschaften verwendet. Leider verlief dies für viele Frauen tödlich. Auf Männer hingegen wirkt Petersilie aphrodisierend.


Petersilie zur Giftpflanze des Jahres zu wählen, zeigt, wie weit unsere Gesellschaft sich von einem gesunden Verhältnis zur Natur entfernt hat. Tatsächlich herrscht ein erschreckend großes Unwissen über die Ernährung und über die Wirkung (und Giftigkeit) von Pflanzen, die wir doch recht häufig verwenden.

Es gibt keinen Anlass, Petersilie vom Teller zu verbannen. Wurzeln, Stiele und Blätter sind sowohl im ersten als auch im zweiten Standjahr unbedenklich. Du kannst sie wie gewohnt essen - einfach wie gehabt, keine Samen schlucken!


 

Achtung - Erste Hilfe Beim geringsten Verdacht einer Vergiftung begib dich unverzüglich in ärztliche Behandlung!

Telefonnummern Giftnotruf


Deutschland (24 Stunden erreichbar)

  • Charite Berlin (Berlin & Brandenburg): 030 - 19 240

  • Informationszentrale gegen Vergiftungen Nordrhein-Westfalen: 0228 - 19240

  • Universitätsklinik Freiburg (Baden-Württemberg) 0761 19240

  • Giftinformationszentrum-Nord der Länder Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein (GIZ-Nord): 05 51-19 24 0

  • Giftinformationszentrum (GIZ) der Länder Rheinland-Pfalz, Hessen und Saarland: 06131 19240

  • Giftnotruf München (Bayern): 0 89-19 24 0

  • Gemeinsames Giftinformationszentrum (GGIZ Erfurt) der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen in Erfurt: 03 61-73 07 30

  • Notarzt 112

Schweiz (24 Stunden erreichbar)

  • Tox Info Suisse: 145

Österreich

  • Vergiftungsinformationszentrale (VIZ): +43-1-4 06 43 43

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