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Tot gekocht!?

Mit einer halben Gurke und zwei großen Tomaten oder zwei üblichen Paprikaschoten ist bereits die empfohlene tägliche Mindestmenge von 400 Gramm Gemüse erreicht. Klingt machbar, oder?

Gemüse enthält lebenswichtige Vitamine, Mineralstoff, Ballaststoffe und bioaktive Pflanzenstoffe, welche für die menschliche Gesundheit wichtig sind. Gemüse ist ein wunderbarer Helfer beim Abnehmen und es ist nahezu unmöglich zu viel Gemüse zu essen. Wie immer gilt es, sich möglichst abwechslungsreich und ausgewogen zu ernähren, denn kein Lebensmittel allein enthält alle Nährstoffe, die der Körper braucht. Ah, da ist das Stichwort! N Ä H R S T O F F E!


Mehr Gemüse auf dem Teller ist wohl inzwischen bei den meisten Menschen angekommen. Doch schon werden Stimmen laut, dass nur rohes Gemüse überhaupt genug Nährstoffe enthält. Vor allem Rohkostjünger behaupten, dass gekochtes Essen "tot" ist. Sie behaupten felsenfest, oberhalb einer Temperatur von 40° C stirbt alles Gesunde ab. Was bringt das ganze Gemüse, wenn die Vitamine & Co. beim Kochen zerstört werden? Rohköstler werden diese Frage mit "Nichts!" beantworten. Nicht nur die moderne Wissenschaft urteilt differenzierter, auch der Ayurveda und die TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) sehen das Thema gegarte Nahrung anders.


Direkt vorweg - einige Nährstoffe gehen durch Kochen tatsächlich verloren. Deswegen muss jedoch nicht komplett auf Rohkost umgestellt werden. Mit welchen Methoden du Gemüse richtig kochst, welche Vitamine bei welcher Kochmethode erhalten bleiben und ob die Mikrowelle endlich aus der Küche verbannt werden muss, erfährst du in den nachstehenden Zeilen.



Aufatmen!

Beim Kochen gehen nicht alle Vitamine verloren. Die Gemüsesorte, die Lagerung, die Vitaminsorte und die Zubereitung der Mahlzeit entscheiden, wie nährstoffreich gegartes "Grünfutter" tatsächlich ist. Zum Beispiel ist Vitamin B6 nicht nur hitze-, sondern auch lichtempfindlich. Das heißt, die helle Lagerung entsprechender Nahrungsmittel beeinflusst bereits die Qualität des Gemüses.

In manchen Fällen hilft das Garen sogar bestimmte Vitamine freizusetzen. Dies ist zum Beispiel der Fall bei Möhren und Zucchini. Vitamin A (z.B. in Möhren, Paprika, Spinat), Vitamin D (z.B. in Pilzen), Niacin/Vitamin B3 (nur kleine Anteile in Getreide und Pflanzen), Riboflavin/Vitamin B2 (z.B. in Brokkoli, Grünkohl, vor allem aber in Innereien, Fisch und Milch) sowie Vitamin E (z.B. in Paprika, Spargel und Pflanzenölen) sind hitzebeständig und gehen durch das Erwärmen der Nahrungsmittel nicht verloren.


Auf der anderen Seite gibt hitzeempfindliche Vitamine, welche durch das Kochen verringert werden. Konkret betrifft dies:

  • Vitamin C (z.B. Paprika, Petersilie, Koriander, Brokkoli, Tomaten)

  • Thiamin/ Vitamin B1 (z.B. in Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Spargel, Spinat)

  • Pantothensäure/Vitamin B5 (z.B. in Linsen, Kichererbsen, Erbsen)

  • Folsäure/Vitamin B9 (z.B. in Salat, Tomaten, Spargel, Kohl, Fenchel, Gurken, Soja, Vollkornprodukte)

  • Vitamin B6 (in beinahe allen Lebensmitteln zu finden, z.B. Kohl, grüne Bohnen, Linsen, Salat)

  • Vitamin B12 (in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs zu finden)


Wie kann man denn nun Gemüse richtig kochen?

Leider gibt es keine pauschal korrekte Antwort auf diese Frage, da die verschiedenen Gemüsearten und Nährstoffe unterschiedlich auf ihre Zubereitung reagieren.


Mikrowelle

Geliebt oder gehasst - die einen befürworten die einfache, schnelle Erwärmung ihrer Nahrung in der Mikrowelle; die anderen gehen davon, aus die Strahlungsfrequenz des Geräts alle Nährstoffe vernichtet. Mikrowellen erhitzen Nahrungsmittel auf Molekularebene, in dem die Strahlungen die Wassermoleküle bewegen. Die dabei entstehende Reibungswärme erwärmt das Essen. Ob die Mikrowelle nun "ok" oder gesundheitsschädlich ist, erfährst du in diesem Artikel >>>. Wer eine Mikrowelle benutzen möchte, sollte wissen, dass wasserlösliche Vitamine durch die Mikrowelle weniger beeinträchtigt werden als beim traditionellen Kochen in Wasser. Jedoch werden wertvolle Antioxidantien in der Mikrowelle bereits nach nur einer Minute zerstört.


Heißluftfritteuse

Die Heißluftfritteuse ist ein Küchengerät, bei dem der Frittier- und Backprozess mit heißer Luft und nur einem sehr geringen Anteil Öl stattfinden. Auch Gemüse wie zum Beispiel Kartoffeln oder Paprika kann auf diese Weise zubereitet werden. Doch Achtung, mit Blattgemüse wie Grünkohl oder Spinat klappt es leider nicht. In der Regel wird nur ein Tropfen Öl verwendet, wodurch, das Gargut am Ende im Vergleich zur herkömmlichen Fritteuse fett- und somit auch kalorienärmer ist. Hitzeempfindliche Vitamine werden durch die hohen Temperaturen zwar verringert, gehen jedoch wegen der eher kurzen Garzeit nicht völlig verloren. Allerdings können auch beim Garen mit der Heißluftfritteuse schädliche Stoffe wie Acrylamid entstehen. Acrylamid gilt als krebserregend und entstehen, wenn Nahrungsmittel trocken auf mehr als 120° C erhitzt werden. Der Temperaturbereich der Heißluftfritteusen bewegt sich im Rahmen von 160 bis 200° C. Ergo, die Acrylamidentstehung ist hier zwar nicht völlig ausgeschlossen, jedoch liegt diese bei bis zu 90 % weniger als bei der klassischen Fritteuse. Wer also mit der Heißluftfritteuse seine Speisen garen möchte, tut gut daran, möglichst geringe Temperaturen auszuwählen.

Tipp: Wenn du Kartoffeln in der Heißluftfriteuse knusprig fritieren möchtest, lagere die Kartoffeln nicht unter 8°C. Unter dieser Lagertemperatur konzentriert sich freier Zucker stärker, wodurch später beim Erhitzen mehr Acrylamid entsteht.

Kochen

Beim Kochen wird das Gemüse in reichlich Wasser zubereitet. Wasserlösliche Vitamine und Mineralstoffe gehen zu einem beachtlichen Teil in das Kochwasser über. Durch die Hitze beim Kochen werden auch die hitzeempfindlichen Vitamine reduziert.


Wasserlösliche Vitamine

  • Vitamin C

  • Vitamin B1 (Thiamin)

  • Vitamin B2 (Riboflavin)

  • Vitamin B3 (Niacin)

  • Vitamin B5 (Pantothensäure)

  • Vitamin B6 (Pyridoxin, Pyridoxal und Pyridoxamin)

  • Vitamin B7 (Biotin)

  • Vitamin B9 (Folsäure)

  • Vitamin B12 (Cobalamin)

Tipp: Schütte das nährstoffreiche Kochwasser nicht weg, sondern nutze es für Saucen oder Suppen. Du kannst es auch abkühlen lassen und für Smoothies verwenden.

Nun klingt es erst einmal so, als wäre das Kochen schlecht. Dem ist aber nicht so. Obwohl die Konzentration mancher Nährstoffe durch das Kochen weniger werden, werden andere sogar wertvoller.

Darüber hinaus werden sogenannte Anti-Nährstoffe wie Gluten und Phytinsäure durch das Kochen teilweise deaktiviert. Im Rohzustand entfalten sie ihre volle Wirkung. Deswegen empfiehlt der Ayurveda schon seit Jahrhunderten Getreide vor dem Verzehr zu kochen (d.h. lieber gekochter Getreidebrei, statt Müsli). Hülsenfrüchte müssen sogar gekocht werden, damit sie überhaupt essbar sind. Erst durch das Kochen werden giftige Eiweiße unschädlich gemacht. Auch Kartoffeln werden durch das Garen leichter verdaulich.


Welche Nahrungsmittel erst durch das richtige Garen für den Menschen ideal verwertar sind, erfährst du in unserem eBook "Nährstoffe für ein glückliches & gesundes Leben".

Dünsten

Dünsten nennt man das Garen von Lebensmitteln im eigenen Saft oder mit wenig Flüssigkeit wie z.B. Wasser oder Wein. Die Flüssigkeit kocht dabei nie, sondern köchelt bei ca. 70 bis 98° C. Üblicherweise wird dazu ein geschlossener Topf oder eine Pfanne verwendet. Der Vorteil bei dieser Methode ist, dass die Nahrungsmittel mit deutlich weniger Wasser in Berührung kommen als beim Kochen. Deshalb werden die wasserlöslichen Vitamine weniger stark ausgewaschen. Beim Dünsten kann man in etwa von einem Verlust von 10 bis 15 % der Vitamine rechnen. Auch der natürliche Geschmack des Gemüses bleibt weitgehend erhalten.


Dampfgaren (Dämpfen)

Beim Dampfgaren hat das Gemüse keinen direkten Kontakt zum Wasser und wird durch heißen Wasserdampf erhitzt. So bleibt es knackig und geschmackvoll. Dazu wird ganz einfach ein Einsatz aus Metall in einen Topf ca. 2-3 cm Wasser eingelegt. Darauf wird das Gemüse platziert und der Herd eingeschaltet. Dabei sollte der Deckel geschlossen bleiben, damit der heiße Dampf nicht entweicht. Die Garzeit ist deutlich länger als beim Kochen. Wasserlösliche Vitamine gehen auch hier in das Wasser über. Laut Studien der Universität Koblenz-Landau und der Universität Gießen liefern moderne, hochwertige Dampfgarer das beste Ergebnis in Farbe, Form und Geschmack. Außerdem bleiben mehr Vitamine und Nährstoffe erhalten bleiben als beim Kochen.

Kochen mit Fett Damit der Körper fettlösliche Vitamine verwerten kann, ist es ratsam, der Mahlzeit ausreichend gesundes Fett hinzuzufügen. Wer zum Beispiel den Möhrensalat mit ein etwas nativem Pflanzenöl verfeinert, kann sicher sein, vom Vitamin A des Gemüses zu profitieren.


Analog zur bereits beschriebenen Wasserlöslichkeit anderer Vitamine können sich fettlösliche Vitamine -logisch!- beim Braten mit Fett/Öl darin lösen. Durch die große Hitze beim Braten werden zuvor gesunde Fette in gesundheitsschädliche Transfette umgewandelt. Transfette entstehen auch, wenn Öl über längere Zeit sehr stark oder mehrmals erhitzt wird. Transfette erhöhen den LDL-Cholesterinspiegel und fördern unerwünschte Ablagerungen in den Gefäßwänden (Arteriosklerose) und leisten Vorschub für Herzerkrankungen. Besonders gefährdet sind Übergewichtige, Diabetiker und Senioren. Wer trotzdem nicht auf knusprige Röstaromen verzichten möchte, der tut gut daran, mit eher kleinen Mengen Fett, stets frischem Fett und kurzer Bratdauer zu garen.


Fettlösliche Vitamine

  • Vitamin A (enthalten in Karotten, Paprika, Spinat)

  • Vitamin D (in Pilzen und Milch)

  • Vitamin E (in pflanzlichen Ölen, Paprika, Spargel, Margarine)

  • Vitamin K (in grünblättrigem Gemüse)

Merke: Fettlösliche Vitamine profitieren von konventionellen, längeren Kochmethoden, wasserlösliche Vitamine hingegen von einer kurzen und schonenden Zubereitung.

Grillen

Eine Alternative zum Braten mit Fett bietet das Grillen. Zugegeben, es dauert länger, aber genau das Ritual selbst und das gemütliche Beisammensein macht gerade im Sommer Spaß. Im Gegensatz zum Braten in der Pfanne kann beim Grillen auf die Zugabe von Fett verzichtet werden. Daher ist das Grillen erstmal als gesünder einzustufen. Doch Grillgut kann krebserregende Stoffe enthalten. Sogenannte heterozyklischen aromatischen Amine (HAA) und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) entstehen als natürliche chemische Reaktionen, wenn Nahrungsmittel wasserlos und bei großer Hitze zubereitet werden. Wer grillt, sollte seine Nahrungsmittel tatsächlich nur über der Glut und nicht über der offenen Flamme garen und sich bei eher niedrigen Temperaturen Zeit lassen.

Ob braten oder grillen - lass dein Essen nicht verkohlen, um die Entstehung von HAA und PAK möglichst gering zu halten.


Aufgeklärt - Proteine

Ein Mythos, der immer wieder angesprochen wird, ist die Behauptung durch Erhitzen werden Proteine zerstört. Diese Aussage ist schlichter Blödsinn. Durch das Erhitzen gerinnen Poteine (Denaturierung). Das heißt, ihre Struktur -konkret die Anordnung der Aminosäuren- verändert sich. Besonders gut zu beobachten ist dies beim Kochen von Eiern: Das Erhitzen der flüssigen Materie führt zu einer irreversiblen Aushärtung. Sowohl pflanzliche als auch tierische Proteine sind hitzestabil und werden durch die Denaturierung sogar leichter verdaulich. Deswegen essen Menschen heutzutage kein rohes Fleisch mehr.

Gut zu wissen: Das Eiweiß in rohen Eiern ist zu gerade mal 50% vom menschlichen Organismus nutzbar. In gekochter Form steigt die Verwertbarkeit (Bioverfügbarkeit) auf über 90%.


Was sagt der Ayurveda?

Sowohl die TCM (Traditionelle Chinesische Medizin" als auch der Ayurveda empfehlen überwiegend gegarte Nahrung zu sich zu nehmen. In diesem Artikel hast du bereits einige Gründe kennengelernt, die dafür sprechen. Aus ayurvedischer Sicht schwächt Rohkost das Verdauungsfeuer Agni (den Stoffwechsel) und ist vor allem für Menschen mit ausgeprägtem Vata Dosha ungeeignet. Auch im Winter rät der Ayurveda, auf kalte und rohe Mahlzeiten zu verzichten. Wer bereits an einer Agni Schwäche leidet, sollte ebenfalls keine rohen Nahrungsmittel verzehren, da dies den Stoffwechsel noch weiter herabsetzen würde und sich Ama (krankmachende Rückstände) bilden würden. Sind starker Belag auf der Zunge, Mundgeruch oder Verstopfung erkennbar, ist von Rohkost abzuraten. Hier gilt es, zuerst Ama zu reduzieren und Agni zu stärken. Menschen mit Pitta-Dominanz hingegen vertragen Rohkost meist sehr gut. Für sie bildet die Rohkost einen erfrischenden Ausgleich in der Ernährung. Menschen mit starker Verschleimung oder Übergewicht, dies betrifft Kapha-Dominanzen, sollten zwar auf fettreiche Avocados und Nüsse verzichten, profitieren aber sonst von einer rohkostlastigen Ernährung. Auch Diabetiker können nach ayurvedischen Prinzipen durch vegane Rohkost zu mehr Gesundheit gelangen. Wie immer gilt im Ayurveda - Ernährung ist so individuell wie jeder Mensch. Daher gibt es hier keine allgemeingültige Empfehlung, sondern persönlich abgestimmte Maßnahmen.


Fazit

Natürlich spricht nichts gegen einen knackigen Salat, frisches Obst oder Gemüsesticks mit leckerem Dip. Rohkost kann köstlich sein und hat ihren Nutzen. Dennoch muss und soll nicht auf gegarte Speisen verzichtet werden, denn auch sie erfüllen einen Zweck. Gegarte Mahlzeiten sind nicht "tot".

Kaufe stets hochwertige, frische Nahrungsmittel, welche du sortengerecht lagerst und ihrer Art entsprechend -wie im Artikel beschrieben- zubereitest.



PS Wenn du Ernährung ganz persönlich auf deine Bedürfnisse abgestimmt erfahren möchtest, dann meld dich gern bei Bewusst.Gesund.Leben. zur Ernährungsberatung!



Quellen



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