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Ballaststoffe - wichtige Helfer oder Darmzerstörer?

Seitdem der Lebensmittelchemiker Udo Pollmer nahezu alles, was uns bisher als gesund erschien, gnadenlos verteufelt und uns das Märchen der Anti-Nährstoffe im Extremen vorkaut, glauben tatsächlich einige Menschen, Ballaststoffe würden die Darmschleimhaut und somit auch die Immunabwehr schädigen. Wenn dann auch noch vereinzelte Mediziner in das gleiche Horn blasen und behaupten, über die Ernährung könne nichts an der Gesundheit "gedreht werden", verdrehen wir nicht nur die Augen!


In jeder wissenschaftlichen Studie über Ballaststoffe wird deren entgiftende Wirkung untermauert (z.B. hier und hier). Statt sich an dem Trendwort "Entgiftung" aufzuhängen, sollten wir uns klarmachen, dass dieses oft missbräuchlich verwendete Wörtchen im Kontext der Darmentgiftung schlicht die Resorption unerwünschter Substanzen im Darm durch z.B. Ballaststoffe meint, welche dann gemeinsam via Stuhlgang ausgeschieden werden und somit den Organismus entlasten. Sogar die Prävention von Brustkrebs durch eine ballaststoffreiche Ernährung wurde im Jahr 2020 durch Forscher der renommierten Harvard Universität belegt.


Leider wird immer noch von manchen Personen behauptet, Ballaststoffe würden Kalzium binden und dadurch dessen Aufnahme hemmen. Daraus wurde geschlussfolgert, dass der Verzehr von Ballaststoffen zu Osteoporose (Knochenschwund) führe. Die American Society for Bone and Mineral Research veröffentlichte 2017 eine Untersuchung, aus der hervorgeht, dass eine ballaststoffreiche Ernährung keinen Einfluss, weder positiv noch negativ, auf die Knochendichte von Frauen hat. Männer hingegen profitieren davon - ihre Knochen werden geschützt.


Wenn wir schon Fehlinformationen aufräumen, dann auch die Behauptung Ballaststoffe seien kalorienfrei. Inzwischen wissen wir, dass bestimmte Darmbakterien manche, jedoch nicht alle, Ballaststoffe verstoffwechseln und dabei Fettsäuren entstehen, die dem Körper 2 kcal pro Gramm Ballaststoffe liefern. So, da wir jetzt ordentlich durchgeputzt haben, lass uns die Ballaststoffe genauer anschauen.


Welche Ballaststoffe gibt es?

Wir unterscheiden zwischen den löslichen und unlöslichen Ballaststoffen.

Zu den löslichen gehören zum Beispiel Pektin, Beta-Glucan, Agar sowie manche Schleimstoffe. Sie quellen im Darm auf und bilden ein mehr oder weniger schleimiges Gel. Lösliche Ballaststoffe werden von den Darmbakterien fermentiert und wirken somit präbiotisch. Bei diesen natürlichen Prozessen entstehen Fettsäuren. Diese Art der Ballaststoffe verhindert, dass der Blutzuckerspiegel in die Höhe schießt, senkt den Cholesterinspiegel, sättigt und unterstützt die körpereigene Entgiftung. Sie helfen auch bei der Regeneration der Zellen der Darmschleimhaut und können z.B. ein Leaky-Gut-Syndrom vorbeugen. Früchte wie Äpfel, Birnen, Pflaumen, Zwetschgen und Aprikosen sowie in Getreide (z.B. Hafer, Gerste, Roggen), Flohsamenschalen, Lein- und Chiasamen und sogar in Agar Agar (eine Alge) sind besonders reich an löslichen Ballaststoffen.

Unlösliche Ballaststoffe findest du in allen Pflanzen. Zu ihnen gehören die Cellulose und manche Pentosane (Schleimstoffe). Sie nehmen Wasser aus, aber werden nicht im Darm fermentiert, das heißt, sie wirken nicht präbiotisch und sie liefern keine Kalorien. Weil unlösliche Ballaststoffe das Volumen des Darminhalts erhöhen, regen sie die Peristaltik (Darmbewegungen) an und fördern die regelmäßige Ausscheidung. Dadurch werden sowohl Verstopfungen als auch Diarrhö (Durchfall) vorgebeugt. Sie verweilen länger im Dünndarm und nur eine kurze Zeit im Dickdarm. Insgesamt wirken auch sie sättigend, verbessern Insulinresistenz und mindern entzündliche Prozesse.

Als präbiotisch besonders stark wirksam gelten die Fruktane (z.B. Inulin und FOS ( Fruktoologosaccharide)). Diese bestehen aus Fruktoseketten, welche wir nicht spalten können, weil uns Menschen entsprechende Enzyme fehlen. Fruktane kommen z.B. in Weizen, Roggen, Knoblauch, Artischocken, Chicorée, Topinambur, Löwenzahnwurzel, Yacon und Schwarzwurzeln vor.

Gut zu wissen: Ballaststoffe zählen zu den Kohlenhydraten. Im Gegensatz zu anderen Kohlenhydraten kann der Körper sie jedoch nicht verdauen und als Energiequelle nutzen. Enthalten sind die Ballaststoffe in Obst, Gemüse, Getreide, Nüssen und Hülsenfrüchte. Nahrungsmittel tierischen Ursprungs enthalten keine Ballaststoffe.

Was können Ballaststoffe?

Ballaststoffe sind die wichtigsten Helfer gegen Verstopfung (Obstipation) und Hämorrhoiden, sind gut für die Darmflora und können sogar helfen, hohen Blutdruck zu senken. Auch die Verdauung klappt durch den Verzehr der dieser Helfer besser. Ballaststoffe erhöhen das Volumen einer Mahlzeit, ohne große Mengen Kalorien zu liefern. Sie sorgen für eine längere Verweildauer im Verdauungstrakt und fördern das Sättigungsgefühl. Dadurch helfen Ballaststoffe sogar beim Abnehmen und unterstützten die Prävention von Diabetes Typ II. Sie binden Wasser im Darm und sorgen so für ein erhöhtes Stuhlvolumen. Im Darm führt der aufgequollene Nahrungsbrei dazu, dass die Darmbewegungen stark angeregt werden. Dies wiederum bedeutet, dass der Kot und darin enthaltene Stoffwechselrückstände und Toxine besser und regelmäßiger ausgeschieden werden (genau das ist mit "Entgiftung" gemeint!). Da ballaststoffreiche Nahrungsmittel besonders gut gekaut werden müssen, regt dies zu einer vermehrten Speichelproduktion an und kommt der Zahngesundheit zugute.


Ein gesunder Darm bildet die Grundlage unseres Immunsystems. Wie zu Anfang dieses Artikels bereits benannt, unterstützen Ballaststoffe die Vorbeugung von Krebs. Auch Allergien und Lungenkrankheiten stehen im Zusammenhang mit einer einseitigen, ballaststoffarmen Ernährung (z.B. Ketogene Diät). Viele Lungenkrankheiten und auch Allergien basieren auf chronischen Entzündungsprozessen im Körper. Das Risiko einer entzündlichen Atemwegserkrankung sinkt, je höher die Konzentration von kurzkettigen Fettsäuren im Blut war. Konkret handelte es sich dabei um die Fettsäuren Propionat und Acetat. Diese und andere kurzkettige Fettsäuren entstehen als Abbauprodukt bei der Verdauung pflanzlicher Ballaststoffe durch die Darmbakterien. Merke: Eine ballaststoffarme Ernährung lässt die "guten" Darmbakterien verhungern, während es zeitgleich immer leichter für pathogene Keime und unerwünschte Bakterien wird, sich auszubreiten. Kurzkettige Fettsäuren regen im Knochenmark die Blutbildung an, wodurch die Zahl der Makrophagen und Vorstufen dendritischer Zellen erhöhte. Makrophagen und dendritische Zellen gehören zu den weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und spielen eine wichtige Rolle im Immunsystem. Durch die Vermehrung dieser Zellen, ist es dem Körper möglich Bakterien, Viren und andere eindringende Mikroorganismen zu bekämpfen. Zugleich werden weniger Effektorzellen bereitgestellt, sodass weniger Antikörper produziert werden - das heißt, die Entzündungsreaktion verläuft deutlich kleiner.


Aber, aber.... Bevor es seitens möglicher Kritiker zur Schnappatmung kommt, sollen auch möglich Schwierigkeiten einer ballaststoffreichen Ernährung genannt sein. Wer von einem Tag auf den anderen riesige Mengen Ballaststoffe zu sich nimmt, riskiert Durchfall (z.B. bei großen Mengen Linsen), Verstopfungen und Blähungen bis hin zu Bauchkrämpfen. Wer Vollkornbrot, Hülsenfrüchte und Salat bislang eher wenig bis selten auf seinem Teller hatte, sollte seinen Körper erst langsam daran gewöhnen und die Mengen schrittweise erhöhen. Trinke ausreichend, wenn du dich ballaststoffreich ernährst. Gemeint ist damit vor allem frisches Wasser - weder der Kaffee noch die Limo zählen zu den Getränken, die deiner Gesundheit guttun. Bleibt die Flüssigkeitszufuhr aus, drohen Verstopfungen.


Hier ein paar Tipps, wie du ballaststoffreiche Nahrungsmittel verträglicher machst:

  • Weiche Hülsenfrüchte (z.B. Linsen und Bohnen) 24 bis 48 Stunden vor dme Kochen ein. Schütte das Wasser weg und verwende zum Kochen frisches.

  • Füge deinen Gerichten Gewürze zu, die der Verdauung gut tun (z.B. Cumin, Anis, Fenchel etc).

  • Rohes Getreide wird verträglicher, wenn es vorgequellt oder gekeimt wird.

  • Greife lieber zu Sauerteigbrot mit langer Teigführung oder fermentierten Broten statt zum üblichen Brot.

  • Konsumiere lieber Haferkleie als Weizenkleie (Weizenkleie enthält 45 % unlösliche und nur sehr wenig lösliche Ballaststoffe und daher wenig präbiotisch. Haferkleie ist mit 10% unlöslichen und 8% löslichen Ballaststoffen viel ausgewogener.)

  • Kaue gründlich und langsam. Lass dir Zeit beim Essen. Verdauung beginnt durch Einspeicheln im Mund!

Tipp: Erdmandeln sind nicht nur glutenfrei sondern mit 33g pro 100g reich an wertvollen Ballaststoffen. Als Topping auf dem Müsli, im Joghurt oder Salat schmecken sie prima.


Divertikelose

Wer an Divertikulose (Ausstülpungen im Darm) leidet, muss einige (gesunde) Nahrungsmittel vermeiden. Dazu gehören unter anderem Pilze, Äpfel, Milchprodukte und Hülsenfrüchte. Eine ballaststoffreiche Ernährung ist nicht empfohlen. Dennoch belegt eine Studie mit 50.000 Frauen, dass Nahrungsmittel, die voller Ballaststoffe stecken, z.B. Äpfel, Birnen, Pflaumen und Getreide das Risiko an einer Divertikulitis zu erkranken senkt. Zeitgleich ist bekannt, dass der Verzehr von Fleisch das Risiko erhöht (ein weiteres Argument gegen die einseitige, ketogene Ernährung!).


Tatsächlich sind manche Ballaststoffe für manche Menschen, z.B. bei vorliegendem Reizdarmsyndrom, nicht verträglich. Statt diese sinnvollen, natürlichen Helfer jedoch ganz vom Speiseplan zu verbannen, ist eine Darmsanierung und individuell angepasste Ernährung sicherlich der sinnvollere Weg. Bei Bewusst.Gesund.Leben. kannst du dich rundum beraten lassen - hier stehen dir eine Ärztin und Expertinnen in den Bereichen Ernährung, Bewegung und Ayurveda zur Verfügung.



Wie viele Ballastsoffe braucht der Mensch?

Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sollten gesunde Erwachsene täglich 30g Ballaststoffe zu sich nehmen.




Dennoch nehmen die meisten Menschen viel zu wenig Ballaststoffe zu sich.


Die meisten Deutschen nehmen weniger als die empfohlenen 30 g Ballaststoffe täglich zu sich. Um also mehr von den Gesundheitsboostern zu bekommen, solltest du öfter Nahrungsmittel pflanzlicher Herkunft auf den Teller packen. So leicht kannst du deinen Tagesbedarf an Ballaststoffen decken, hier ein Beispiel:

  • 3 Scheiben Vollkornbrot

  • 1 Portion Früchtemüsli

  • 2 bis 3 mittelgroße Kartoffeln

  • 2 mittelgroße Möhren

  • 2 Kohlrabi

  • 1 Apfel

Ballaststoffreich essen - ausreichend trinken



Präparate

Ballaststoff-Präparate gibt es einige zu kaufen. Sie sind meist als Pulver erhältlich, das man in Wasser löst und trinkt. Es gibt aber auch fertig gemischte Drinks, Tabletten oder Granulate. Sie sind kein

adäquater Ersatz für eine ausgewogene Ernährung, denn es handelt sich hierbei um

künstlich hergestellte, isolierte Ballaststoffe. Wir erteilen diesen Produkten eine klare Absage.

Lecker & gesund essen

Um ballaststoffreich zu essen, musst du nicht auf kulinarisches Highlights verzichten.

Greife statt zu Weizen zu anderen Getreidesorten - z.B. Roggen, dieser enthält fast doppelt so viele Ballaststoffe wie Weizen. Neben Getreideprodukten sind auch Obst und Gemüse gute Ballaststofflieferanten. Da sie viel Wasser enthalten, ist diese Frischkost gleich doppelt gesund. Ergänze deinen Frischkornbrei mit Nüssen und Früchten für einen gesunden, energiereichen

Start in den Tag.


​Vitalbooster - ballaststoffreiche Nahrungsmittel

  • Amaranth 10,3 g/100 g

  • Grünkern, Dinkel 8,8 g/100 g

  • Haferflocken (Vollkorn) 10 g/100 g

  • Kleieflocken 18 g/100 g

  • Roggenvollkornmehl Typ 1800 13,9 g/100 g

  • Vollkornweizenmehl Typ 1700

  • Weizenkleie 45,1 g/100 g

  • Artischocke 10,8 g /100 g

  • Gartenkresse 3,5 g/100 g

  • Schwarzwurzel 18,3 g/100 g

  • Pflaumen, getrocknet 18,8 g/100 g

  • Bohnen, weiß, reif 23,2 g/100 g

  • Erbsen, reif 16,6 g/100 g

  • Chiasamen 34,4 g/100 g

  • Leinsamen, ungeschält 35 g/100 g

  • Linsen 17 g/100 g

  • Avocado 7 g/100 g


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